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Das Miteinander der Berufsgruppen bei Taufe, Trauung und Bestattung

„Wenn ich dich so sehe, dann denke ich, dass du sehr sportlich bist. Wahrscheinlich ne Ausdauersportart – vielleicht sogar Marathon…“ Die Teilnehmenden am Einführungskurs zur Kasualweiterbildung kennen sich nur teilweise. In der ersten gemeinsamen Runde sollen sie mal so richtig über die anderen spekulieren. Einzige Bedingung: alles, was über die anderen gesagt wird, soll positiv sein. So startet der Kurs mit einem freundlichen Blick aufeinander.

Mit dabei sind ehrenamtliche Prädikant:innen, Absolvent:innen von biblisch-theologischen Ausbildungsstätten, die als Gemeindereferent:innen vom Dekanat angestellt sind, Diakon:innen und Religionspädagog:innen. Allen ist gemeinsam, dass Sie sich in der Kirche vor Ort engagieren und Menschen an bestimmten Wendepunkten ihres Lebens (Taufe -Trauung – Bestattung) begleiten wollen.

Die Kasualweiterbildung bereitet sie auf diese bereichernde, aber auch herausfordernde Aufgabe vor. Hier geben sie einander Feedback und lernen voneinander. Die Weiterbildung bietet so die Chance, das Miteinander der Berufsgruppen, Ehrenamtlicher und Hauptamtlichen zu stärken, die gemeinsam den Auftrag der Kirche erfüllen.

Dr. Gunter Schendel, Referent des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, hat am Ende des letzten Jahrzehnts die Reformprozesse in den unterschiedlichen Landeskirchen untersucht und dabei festgestellt, dass viele der Gliedkirchen der EKD das Thema „Multiprofessionalität“ aufnehmen. Multiprofessionelle Teams würden in der kirchlichen Diskussion als Möglichkeit gesehen, das kirchliche Handeln zu verbessern.Angesichts der Komplexität kirchlichen Handelns brauche es einen mehrdimensionalen Blick auf die Herausforderungen. Dazu helfe ein Personalmix aus Hauptamtlichen und Ehrenamtlichen im Team vor Ort.

Multiprofessionalität übersetzt sich in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern in das „Miteinander der Berufsgruppen“. Jede Berufsgruppe soll ihre eigene Fachlichkeit in die neu entstehenden kirchlichen Gestaltungsräume einbringen. Dazu gilt es, eine Kultur des Miteinanders zu entwickeln, in der Begegnung, Austausch und Respekt zwischen den kirchlichen Berufsgruppen gefördert werden. Auch die rechtlichen Rahmenbedingungen müssen angepasst werden. „Wenn die Berufsgruppen nicht von gegenseitiger Abgrenzung, Sicherung des Bestehenden und Konkurrenz geprägt sind, sondern von dem gemeinsamen Ziel, für unterschiedliche Menschen lebensrelevante Begegnungen mit dem Evangelium zu eröffnen und zu fördern, wäre viel gewonnen“, schreibt die Theologin Uta Pohl-Patalong.

In der Kasualweiterbildung der ELKB beginnt diese Multiprofessionalität schon im gemeinsamen Lernen. Am Schluss der Kasualweiterbildung – im Seelsorge-Reflexionskurs – geht es unter anderem um die seelsorgliche Rolle: Wie kann ich diese Rolle ausfüllen? Welche Kompetenzen habe ich erworben als Diakon:in, als Pädagog:in?  Welche Kompetenzen bringe ich als Prädikantin aus meiner Tätigkeit als Leiterin einer Pflegeeinrichtung ein, welche als Prädikant als Mitarbeiter im Vertrieb…? Zum Schluss fragen die Teilnehmenden sich: Wie sehe ich die Zukunft des Arbeitsfelds „Kasualien“ in meiner Region? Was sind meine Ideen dazu?

Die Ideen aller sind gefragt, wenn es gilt, die Zukunft der Kirche vor Ort zu gestalten.

Ein Blog von Ursula Leitz-Zeilinger, Referentin am Gottesdienst-Institut der ELKB

 

Literatur

Kirche gestalten. Kirchentheoretische Perspektiven. Uta Pohl-Patalong in Evangelische Theologie 6 2022 

Verschiedene Gaben – Ein Geist, Viele Glieder – Ein Leib, Verschiedene Dienste – Ein Herr. Das Miteinander der Berufsgruppen in der Evangelisch Lutherischen Kirche in Bayern, Abschlussbericht März 2019

MULTIPROFESSIONALITÄT UND MEHR – Multiprofessionelle Teams in der evangelischen Kirche ― Konzepte, Erfahrungen, Perspektiven, SI KOMPAKT Nr. 3*2020, Dr Gunter Schendel