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Erster Abend auf dem frisch gestarteten „Basiskurs Verkündigung im Ehrenamt“. Zwanzig motivierte Menschen stecken die Köpfe zusammen. Jede und jeder der Anwesenden hat sich für die jeweilige Heimatgemeinde auf den Weg zur Ausbildung als Lektorin bzw. Lektor gemacht. Die von mir gestellte Aufgabe: „Entwerfen Sie in der Gruppe Ihren Muster-Lektor bzw. Ihre Muster-Lektorin. Was muss eine Person, die ehrenamtlich Gottesdienste hält, Ihrer Meinung nach alles mitbringen?“ Nach einer guten halben Stunde stellten sie einander ihre „Super-Ehrenamtlichen“ vor - angefangen beim „Hans, der kann's“  bis hin zur „Trudi, die ist supi“.

 

 

Dabei hatte es der Reigen der Dinge, die Ehrenamtliche von sich beziehungsweise ihrem Musterbeispiel erwarten, in sich. Zahlreiche geistliche Fähigkeiten wurden genannt, wie demütig, fromm, gläubig und bibelfest sein. Aber auch handfeste Kompetenzen, den eigenen Auftritt im Gottesdienst betreffend wie eine deutliche Aussprache, kreative Ideen, und eine gute Mimik und Gestik. Natürlich sollte auch im sozialen Bereich die ehrenamtliche Person immer ein Vorbild sein, in dem sie sich stets höflich, freundlich, kommunikativ, teamfähig und vieles mehr zeige. Bei mir stellte sich zunehmend der Gedanke ein, dass ich froh bin, diese engagierten Menschen nicht nach ihrer Muster-Hauptamtlichen gefragt zu haben!

Diese kurze Begebenheit spiegelt gut wieder, was wir jeden Tag in den Gemeinden erleben: Es gibt viele Leute, die sich mit hohem Maß an Selbstansprüchen ehrenamtlich engagieren und die Kirche am Laufen halten. Aktuell kann man in vielen Verlautbarungen der Landeskirche lesen, dass wir perspektivisch Ehrenamtskirche werden. Aber letztendlich sind wir es bereits – Gott sei Dank. Im Durchschnitt leisten evangelische Christinnen und Christen rund 2,1 Millionen Stunden ehrenamtliche Arbeit in Kirchengemeinden und Einrichtungen der Evangelische-Lutherischen Kirche in Bayern. Eine Menge Zeit, Kraft und gute Ideen fließen dabei auch in Gottesdienst und Verkündigung. Etwa 36 % der im Rahmen der sechsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU 6) Befragten, die angaben, sich ehrenamtlich in Kirche zu engagieren, nannten diesen Bereich als ihr Einsatzgebiet.

Doch was braucht eine Person dazu nun wirklich? Ein Blick zu den Wurzeln unserer evangelischen Kirche lohnt sich bei dieser Fragestellung. Martin Luther hat in seiner reformatorischen Hauptschrift des Jahres 1520 „An den christlichen Adel deutscher Nation“ das Priestertum aller Getauften stark gemacht. Dabei betont er, dass alle Gläubigen mit der Taufe die priesterliche Würde haben und deshalb direkt zu Gott in Kontakt treten können. Mehr braucht es seiner Meinung nicht, um das priesterliche Amt ausüben zu können.

Was heißt das nun übertragen im Blick auf Ehrenamtliche, die heute Gottesdienste gestalten wollen?

Wer glaubt und getauft ist, der kann selig Gottesdienst halten: Mit Luther möchte ich stark machen, dass jede Person, die sich im Glauben zu Hause fühlt und bei sich ein Herz für Gottesdienst ausmacht, geeignet ist, sich auf den Weg zu machen, Gottesdienste zu gestalten. Wir begleiten gerne dabei!

Was es dazu nicht braucht, ist eine besondere Frömmigkeitshaltung oder herausragendes Bibelwissen. Auch da halte ich es mit Martin Luther und betone: Wir alle sind und bleiben immer „simul iustus et peccator“, „gleichermaßen gerechtfertigt und sündig zugleich“. Keiner muss perfekt sein – auch ein Lektor nicht. Wir geben unser Bestes und sind gemeinsam auf dem Weg. Dabei lernen wir jeden Tag dazu, gerade wenn es um den Glauben geht.

Wo zwei oder drei in Namen Gottes auf Augenhöhe versammelt sind, da wird Gottesdienst sein: Wenn sich in unserer Kirche jemand bereit erklärt, ehrenamtlich Gottesdienste mitzugestalten oder sogar eigenverantwortlich zu halten, dann wird ihm oder ihr ein „Amt“ übertragen, das Lektoren- oder Prädikantenamt. Das klingt ganz schön respekteinflößend. Da ist es nur natürlich, dass viele davor erstmal zurückschrecken. Doch auch das rückt die Reformation ins rechte Licht. Denn seitdem gilt in unserer evangelischen Kirche, dass jede Amtsperson – ehrenamtlich wie hauptamtlich – in erster Linie seinen Mitchristinnen und Mitchristen auf Augenhöhe begegnen sollte. Wir haben keine Sonderstellung vor Anderen. Auch wenn wir durch unsere Beauftragung im Gottesdienst der Gemeinde gegenübertreten, bleiben wir trotzdem immer ein Teil von ihr. Sie trägt und unterstützt uns. Diese Haltung sollten Ehrenamtliche mitbringen. Das Handwerkszeug für das Gegenübertreten im Gottesdienst erarbeiten wir uns in den Ausbildungskursen.

Gottesdienstfeiern ist wirklich eine der schönsten Dinge der Welt und macht unfassbar viel Freude! Lust bekommen? Wir freuen uns über jeden und jede normal sterbliche Super-Ehrenamtliche. 

 

Ein Blog von Romina Englert-Rieder, Referentin im Gottesdienst-Institut der ELKB